Kulturelle Teilhabe, Beziehungsgestaltung und Kommunikation in Alters- und Pflegeinstitutionen – Teil 2: «Artists in Residence»

Der Umzug älterer Menschen in ein Alters- oder Pflegeheim bedeutet eine starke Veränderung im Leben der betroffenen Personen. Nebst den neuen Räumlichkeiten und Personen, die einen umgeben, begegnen die älteren Personen oft auch einer kulturellen Isolation. Während früher selbständig und autonom kulturelle Angebote wie Konzerte, Museen oder Kunstausstellungen besucht werden konnten, fällt dies in der neuen Situation schwerer. Physische, psychische oder kognitive Beeinträchtigungen lassen die kulturellen Angebote für Bewohnende von Alters- und Pflegezentren oft in weite Ferne rücken. Über die Musik und die Kunst können jedoch einzigartige Zugänge zu und Beziehungen zwischen Menschen geschaffen werden. Im zweiten Teils des Blogbeitrags zum Thema kultureller Teilhabe, Beziehungsgestaltung und Kommunikation in Alters- und Pflegeinstitutionen soll das zweite innovative Projekt vorgestellt werden, das vom Zentrum für Gerontologie und dem Forschungsschwerpunkt Dynamik Gesunden Alterns der UZH begleitet wird.

Artists in Residence

Die Kuratorin Karin Frei Rappenecker stellt mit ihrem Künstlerresidenzprojekt «Artists in Residence» ein Angebot für Altersinstitutionen bereit, bei dem professionelle Künstler*innen über einen Zeitraum von je einer Woche in einer Altersinstitution residieren und dort in den allgemein zugänglichen Zonen arbeiten. Die Kunstschaffenden sind also dem Geschmack, den Gewohnheiten, der Neugierde, aber auch den Vorurteilen oder dem Desinteresse der Bewohnenden ausgesetzt. Umgekehrt erhalten die Bewohnenden die Gelegenheit, mit den renommierten Kunstschaffenden in einen niederschwelligen Austausch zu kommen. 

Den Bewohnenden wird die Möglichkeit gegeben, sich aktiv zu betätigen oder eine Aktion einfach auf sich wirken zu lassen. Die neuen Inputs durch die Künstler*innen verleiten zur Auseinandersetzung mit neuen Themen, was wiederum zu einem intensiveren Austausch führt – sowohl mit den Kunstschaffenden als auch mit Angehörigen, Pflegenden und anderen Mitarbeitenden – und unter Umständen auch neue Freundschaften hervorbringen kann. Schliesslich ermöglicht die Begegnung mit den Kunstschaffenden einen Unterbruch im normalen Alltagsablauf und neue Sichtweisen auf Altbekanntes.

Während der drei Künstler*innenresidenz-Jahre wird die Wirkung der realisierten Projekte durch eine Begleitevaluation vom Zentrum für Gerontologie untersucht. Einerseits soll ein einfach handhabbares Realisationsmodell von «Artists in Residence» für die Zukunft entwickelt werden. Andererseits stehen die Entwicklung und Aufrechterhaltung von neuen Beziehungen, das Erleben von Dankbarkeit und Selbstwirksamkeit sowie die subjektive Lebensqualität im Fokus der dreijährigen Evaluation. Aus dem Projekt soll schliesslich ein attraktives und niederschwelliges Endprodukt erstellt werden, um die Erfahrungen, Geschichten, Bilder und Ergebnisse in die Praxis zu transferieren. 

Fazit

Durch Projekte wie «Music Circles» oder «Artists in Residence» soll dem anfangs beschriebenen Mangel an kultureller und sozialer Teilhabe und damit der Verbesserung der Lebensqualität von Bewohnenden in Alters- und Pflegezentren Rechnung getragen werden. Beide Angebote legen ihren Fokus aber nicht nur auf die Bewohnenden alleine, sondern auch auf die Mitarbeitenden sowie die Kunstschaffenden und die Musiker*innen selbst. Kulturelle Interventionen dieser Art werden von allen Beteiligten getragen, weshalb auf alle Parteien ein Effekt erwartet wird. So entstehen emotional bedeutsame Momente, Erinnerungen und Beziehungen zwischen Bewohnenden, Mitarbeitenden und Künstler*innen innerhalb des Rahmens der beiden Projekte. Weiterhin werden für Angehörige, Mitarbeitende und Künstler*innen neue Kanäle der Kommunikation und der Beziehungsgestaltung eröffnet, was sich günstig auf deren zukünftige Kontakte oder Zusammenarbeit mit den Betroffenen auswirken soll. Schliesslich bringt der Austausch und die Zusammenarbeit mit professionellen Kunstschaffenden sowohl für die Bewohnenden als auch für die Mitarbeitenden ein Stück Kultur in die Wände des jeweiligen Alters- und Pflegezentrums, was zu einer Aufwertung des Alltags respektive der Arbeit führen kann. 

Links

Universität Zürich, Zentrum für Gerontologie: Projekt «Artists in Residence». https://www.zfg.uzh.ch/de/projekt/Artists-in-Residence.html

Kulturelle Teilhabe, Beziehungsgestaltung und Kommunikation – Teil 1: «Music Circles»

Alle
Forschung
Praxis

Kommentar Schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert