Як справи? Ein Erfahrungsbericht aus der Pflege zum Umgang mit Geflüchteten

Як справи? – ausgesprochen «Jak sprawy?», ist Ukrainisch und bedeutet «Wie geht es dir?». Grundkenntnisse der ukrainischen oder russischen Sprache sind dieser Tage äusserst hilfreich, auch im Umfeld der Pflege. Wie gehen wir bei uns mit Geflüchteten um? Es sind Erfahrungen aus der Praxis, die ich mit Ihnen teilen möchte.

Die Zuwanderung nach Europa ist ein Thema, das auch hierzulande beschäftigt. Nicht zuletzt wegen des Krieges in der Ukraine. Seit Februar 2022 sind vor allem Frauen nach Mittel- und Westeuropa geflüchtet – auch ältere Frauen, die pflegebedürftig sind.

Im Sommer 2022 hat der Ukraine-Krieg schliesslich auch uns im Gesundheitszentrum für das Alter Gehrenholz erreicht. Also zumindest die Auswirkungen davon. Es sind zwei neue Bewohnerinnen eingetreten, eine aus der Ukraine und eine aus Russland. Aufgrund der sprachlichen Barriere konnten beide Bewohnerinnen ihre Anliegen, Wünsche und Bedürfnisse nicht äussern. Auch von den mitgeflüchteten Angehörigen konnte sich niemand mit uns verständigen. Das erschwerte die ganze Situation zusätzlich, denn gerade bei pflegebedürftigen Menschen ist die Kommunikation mit den Angehörigen essenziell für das Wohl beider Seiten. Für mein Pflegeteam stellte sich nun die Frage, welche Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen, um eine ganzheitliche Pflege und Betreuung trotzdem gewährleisten zu können.

Die Bewohnerin aus Russland kannte einige Wörter auf Englisch und konnte diese auch gemäss ihren Bedürfnissen äussern, das war für unsere Pflegefachpersonen schon mal nützlich. Zudem konnten sich die beiden Bewohnerinnen gut untereinander verständigen. So war es der ukrainischen Bewohnerin möglich, ihre Anliegen der russischen Zimmerpartnerin mitzuteilen. Diese wiederum sagte uns alles auf Englisch, so gut sie konnte. Denn schon kurz nach Eintritt verlegten wir beide Bewohnerinnen in ein Zweierzimmer. Wir bemerkten, dass sie sich gegenseitig unterstützten, den Kontakt zueinander suchten. Einige Monate später entstanden je-doch Konflikte und wir mussten sie wieder räumlich voneinander trennen. Um welche Themen es dabei ging, konnten wir nicht abschliessend herausfinden.

Die Hürden

Die Hürden bei der Pflege und Betreuung der beiden Bewohnerinnen zeigten sich vor allem dann, wenn es sich um medizinische Belange, um die Dokumentationsarbeit, interprofessionelle Gespräche und auch Gespräche mit den Angehörigen handelte. Einfachste Bedürfnisse und Gewohnheiten zu erfragen, das war zu Beginn schwierig. Zum Beispiel der Wunsch danach, am Morgen statt eines Kaffees lieber Tomatensaft trinken zu wollen. Es beanspruchte viel Zeit und Geduld, eine Vertrauensbasis schaffen zu können. Sich gegenseitig so kennenzulernen, um auch traditionelle und kulturelle Aspekte verstehen und in der Pflege berücksichtigen zu können. Die täglichen Visiten durch unsere Ärzt*innen waren ohne Begleitung der Pflegefachpersonen kaum möglich. Doch auch mit Begleitung waren sie herausfordernd. Mein Pflegeteam befand sich in einem Dilemma. Es wollte unterstützen, auf Wünsche eingehen, mehr über die Biografie erfahren, um die Pflege optimal gestalten zu können. Aber wie?

Unsere Lösungsansätze

Den Pflegefachpersonen war schnell bewusst, dass nach Lösungen gesucht werden musste, um die Pflege und Betreuung adäquat gewährleisten zu können. Hierfür bekam die Abteilung ein Smartphone mit einem installierten Übersetzungsprogramm zur Verfügung gestellt – zur Vereinfachung der Kommunikation zwischen den beiden Bewohnerinnen und dem Pflegeteam. Dank der Sprachfunktion konnten die Bewohnerinnen ins Mikrofon des Smartphones sprechen und anschliessend konnte man das Gesagte in deutscher Sprache auf dem Smartphone ablesen. Dies nutzten wir fortan intensiv für die Erfragung der täglichen Bedürfnisse, für Arztvisiten und die Gespräche mit den Angehörigen. Einige unserer Mitarbeitenden beherrschen zudem die serbokroatische Sprache, mit der sie sich punktuell mit den Bewohnerinnen verständigen konnten. Glücklicherweise trat gegen Ende 2022 eine russischsprachige Mitarbeiterin eine Stelle in unserer Abteilung an. Ein grosser Vorteil, dass Tatjana die russische wie auch ukrainische Sprache verstehen und sprechen kann. So hatten wir sie zu vielen Gesprächen hinzugezogen, sei es bei den Visiten, Angehörigengesprächen oder auch bei interprofessionellen Gesprächen. Zu einigen davon luden wir auch Dolmetscher ein. Das alles vereinfachte uns die Betreuung der beiden Bewohnerinnen zunehmend.

Tatjana (links) und ich mit unserer ukrainischen Bewohnerin auf der Gartenterrasse des Gesundheitszentrums Gehrenholz.

Und heute?

Bald ist es zwei Jahre her, seit die beiden Bewohnerinnen bei uns eingetreten sind. Dank etwas Technik, einigen Zufällen und vor allem viel Empathie ist es der Pflege gelungen, herauszufinden, was die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohnerinnen sind. Es entstehen zwar noch immer herausfordernde Situationen. Beispielsweise, wenn externe Termine anstehen, bei denen die Bewohnerinnen eine Begleitperson brauchen, welche die Essenz des Termins aufnimmt und meinem Team weitergibt. Aber das Pflegeteam ist weiterhin bemüht, Neues zu lernen, neue Wege zu finden, um die Kommunikation verbessern und vereinfachen zu können. Schliesslich müssen wir davon ausgehen, dass sich auch der Bereich der Langzeitpflege und Betreuung zunehmend mit dem Thema Zuwanderung konfrontiert sieht.

Abschliessend ist mir wichtig festzuhalten, dass solche Pflegesituationen für mein Pflegeteam stets mit viel Freude und Neugier verbunden sind. Es macht den Beruf noch bereichernder, als er sonst schon ist.

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