Soziale Unterstützung in der Nachbarschaft

Die gerontologische Forschung hat immer wieder gezeigt, dass eine gute Nachbarschaft gerade im Alter eine wichtige Ressource ist und zu einem besseren Wohlbefinden im Alter beiträgt. Durch informelle Kontaktnetzwerke können personale und soziale Ressourcen einen grossen Anteil an Hilfeleistungen bei alltagspraktischen Aufgaben bieten. Die Nachbarschaftshilfe ist daher ein nicht zu vernachlässigendes Instrument der Versorgungssicherung im Alter.

Neben den Zusammenhängen zwischen Nachbarschaftshilfe und Wohlbefinden beim Wohnen ist der Aspekt der sozialen Achtsamkeit zu betonen. Wenn die Nachbarschaft gegenseitig auf sich achtet und auch den Hilfebedarf bei älteren MitbewohnerInnen wahrnimmt und anspricht, kann dies zu einer Absicherung im Alter beitragen.

Befragung zur Nachbarschaftshilfe

In diesem Kontext eingebettet initiierte die Age Stiftung 2014 eine Beteiligung an der GfS-Omnibus-Befragung bei Personen ab 50 Jahren, welche in der Deutschschweiz telefonisch durchgeführt wurde. Es konnten sechs Fragen zur Wohnsituation und Nachbarschaftshilfe in die Befragung integriert und damit 707 Personen befragt werden. Die Auswertung führte das Zentrum für Gerontologie durch.

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Nachbarn neben den eigenen Partnern und Kindern wichtige Kontakt- und Ressourcenpartner sind, gerade auch dann, wenn die ersten beiden genannten Personengruppen nicht (mehr) vorhanden sind und nahestehende Freunde/Bekannte nicht im selben Quartier leben. Es konnte festgestellt werden, dass, wenn ein genereller guter Kontakt zu den Nachbarn besteht, diese auch eher für Hilfeleistungen angesprochen werden und ihnen ein Reserveschlüssel anvertraut wird. Tägliche bis wöchentliche Gespräche und Kontakte stellen die Basis für allfällige weitere Anfragen und Bitten um Hilfeleistungen dar.

Erleichternde Faktoren

Die Befragung konnte zeigen, dass soziodemographische Faktoren (u.a. Alter, Bildung, Einkommen) die Nachbarschaftshilfe und den Kontakt zu den Nachbarn weniger erklären, als dies folgende Faktoren tun:

  • Verfügbarkeit: Damit ist gemeint, ob Nachbarn, die helfen wollen und mit denen soziale Kontakte und ein reziprokes Vertrauen möglich sind, vorhanden sind.
  • Quartierzusammensetzung: Wie ist das Quartier sozial zusammengesetzt, und welchen Stellenwert nimmt dabei die Nachbarschaftshilfe ein?
  • Notwendigkeit: Sofern PartnerInnen und/oder Kinder vorhanden sind oder Freunde im selben Quartier leben, wird weniger Nachbarschaftshilfe für Hilfeleistungen eingefordert. Fehlen jedoch die erstgenannten sozialen Ressourcen, werden letztere häufiger nachgefragt.
  • Frühzeitige Pflege der Nachbarschaftskontakte: Im Idealfall sollten die Nachbarschaftskontakte frühzeitig gepflegt werden, um sie dann bei einem Hilfebedarf nutzen zu können.
  • Proaktiver Umgang: Hilfesuchende Person sollten Nachbarn proaktiv um kleinere Hilfen anfragen, auch wenn sie sich ansonsten sozial eher zurückgezogen haben. Auf der anderen Seite ist es hilfreich, wenn Hilfe seitens der Nachbarn auch aktiv angeboten wird.
  • Persönliche Einstellung: Nachbarn um kleinere Hilfe zu bitten, ist meist unproblematisch; es kann für beide Seiten schwieriger sein, aufwändigere Hilfen bei Nachbarn anzufragen.

Es empfiehlt sich, die Aspekte der niederschwelligen informellen Nachbarschaftshilfe (im Sinne von „das Quartier als Ressource im Alter“), die objektiv vorhandenen wie die subjektiv wahrgenommenen Nachbarschaftskontakte und die Frage der sozialen Absicherung im Quartier weiter wissenschaftlich zu vertiefen. Gerade der Aspekt der gegenseitigen Achtsamkeit und Wahrnehmung ist für gerontologische Fragestellungen wichtig und erfährt in der Schweizer Forschungslandschaft noch zu wenig Aufmerksamkeit.

Der Bericht zur Befragungsstudie ist auf der ZfG-Webseite abrufbar:
http://www.zfg.uzh.ch/projekt/nachbarschaft2014.html

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