Partizipativ zu forschen bedeutet, die von einem Forschungsthema angesprochene Personen, also Beforschte und Expert/innen aus der Praxis, in die Forschungsprojekte einzubeziehen. Dies setzt aber die Bereitschaft aller voraus, sich auf eine solche Zusammenarbeit einzulassen. Inwiefern diese gegeben ist, wurde im Rahmen einer kurzen, nicht-repräsentativen Umfrage am Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich untersucht. In diesem Blogbeitrag werden ausgewählte Ergebnissen berichtet.
Was partizipative Forschung beinhaltet
Wie in einem früheren Blogbeitrag bereits beschrieben, wird unter partizipativer Forschung der systematische Einbezug derjenigen Personen bzw. Personengruppen in ein Forschungsprojekt verstanden, die ein Interesse an den untersuchten Forschungsfragen und den daraus resultierenden Ergebnissen haben. Dieser Einbezug geschieht im Idealfall in Form einer gleichberechtigten Zusammenarbeit und beinhaltet das gemeinsame Entscheiden in zentralen strategischen und wissenschaftlichen Punkten. Ziel dieses Ansatzes ist, Forschungsthemen und -fragen optimal auf die Gegebenheiten des realen Lebens abzustimmen und dadurch die Praxisrelevanz des Forschungsprojektes sicherzustellen. Gleichzeitig können durch den partizipativen Ansatz bzw. durch die vernetzte Zusammenarbeit bereits in frühen Projektphasen optimale Voraussetzungen für den Rückfluss der Ergebnisse in die Praxis geschaffen werden.
Umfrage zur Bereitschaft, sich an partizipativen Forschungsprojekten zu beteiligen
Diese Art der Zusammenarbeit kann aber nur erfolgreich sein, wenn die Idee des partizipativen Ansatzes auf breites Interesse stösst. Um zu erfahren, wie gross dieses in den drei Hauptinteressengruppen ist, wurde ein kurze, nicht-repräsentative Umfrage unter Beforschten (65+) (N = 19), Praktiker/innen (N = 20) und Forschenden (N = 30) durchgeführt (Eicher und Meier, 2016). Die nachfolgenden Ergebnisse stellen eine Auswahl dar.
Von den befragten Beforschten haben 31% bereits Erfahrungen mit dem partizipativen Ansatz gesammelt, von den Praktiker/innen 20% und von den Forschenden 33%. Auf die Frage, ob der partizipative Forschungsansatz grundsätzlich als sinnvoll befunden wird (5-stufige Antwortskale von 1 = stimme überhaupt nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu), stimmte die Mehrheit der Befragten zu (Beforschte: M = 4.79 (SD = 0.419), Praktiker/innen : M = 4.65 (SD = 0.988), Forschende: M = 4.33 (SD = 0.758)). Ebenso zeigte sich, dass sich die Teilnehmenden grundsätzlich gut vorstellen können, an partizipativen Forschungsprojekten mitzuarbeiten (Beforschte: M = 4.58 (SD = 0.458), Praktiker/innen: M = 4.6 (SD = 0.503), Forschende: M = 3.93 (SD = 1.172), gleiches Antwortformat wie bei der vorigen Frage).
Auf die Frage, welche Effekte sie sich vom partizipativen Ansatz erhoffen, gaben die Befragten am häufigsten das verbesserte Verständnis für die Lebenswelt der Beforschten, die gesteigerte Praxisrelevanz der Forschungsfragen und die bessere Verankerung der Ergebnisse in die Praxis an (Auswertung über alle drei Gruppen). Die offene Frage nach den erwarteten Schwierigkeiten zeigt, dass die Teilnehmenden vor allem hohe Selektivität bei den Projektbeteiligten (z.B. aufgrund eingeschränkter Mobilität, beschränktem Zugang zu Informationen oder fehlendem Zutrauen), Kommunikationsschwierigkeiten (z.B. aufgrund mangelnder Vertrautheit mit wissenschaftlichen Vorgehensweisen oder im Umgang mit neuen Kommunikationstechniken) sowie einen gesteigerten Bedarf an finanziellen, zeitlichen und personellen Ressourcen als mögliche Hindernisse sehen (ebenfalls Auswertung über alle drei Gruppen).
Die Bereitschaft ist da, aber auch offene Fragen
Wie diese ausgewählten Umfrageergebnisse andeuten, zeigt auch die gesamte Auswertung, dass die Idee des partizipativen Forschungsansatzes von den Befragten grundsätzlich mitgetragen wird, dass aber noch verschiedene Fragen, gerade in Bezug auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis, offen sind. Es ist darum eine fortdauernde Aufgabe in der partizipativen Alternsforschung, diese zu klären. Dies, indem Erfahrungen in der Durchführung partizipativer Projekten gesammelt und darauf basierend organisatorische Strukturen aufgebaut werden, die den adäquate Einsatz partizipativer Forschungsansätze fördern und dadurch die Kosten reduzieren bzw. die Gewinne maximieren.
Das Zentrum für Gerontologie führte im Herbst 2017 zusammen mit dem Zentrum für Qualitative Sozialforschung und dem Institut für Erziehungswissenschaft, Lehrstuhl Sonderpädagogik: «Gesellschaft, Partizipation und Behinderung», der Universität Zürich ein Symposium zu partizipativer Forschung durch: «Partizipative Forschung: Methodologische Reflexion und praktische Erfahrungen».
Weitere Informationen zum Ansatz der partizipativen Altersforschung am Zentrum für Gerontologie.