«Nun stand ich selbst da, mittendrin auf der COVID-Abteilung.»


Einen aussergewöhnlichen Blick auf die Pandemie hat Samuel Haffner. Als temporärer Mitarbeiter ist er zurzeit im städtischen Pflegezentrum Bachwiesen im Einsatz und unterstützt dort die Pflegeteams im Kampf gegen das Coronavirus.

Die zweite Pandemiewelle forderte die Gesundheitsinstitutionen hierzulande erneut stark heraus. In den Pflegezentren der Stadt Zürich unterstützten temporär eingestellte Mitarbeitende die stark belasteten Pflegeteams. Einer dieser Mitarbeitenden ist Samuel Haffner. Im Gespräch erzählt er uns, wie er seinen Einsatz auf der COVID-Abteilung erlebt und weshalb er seine neue Berufung während dieses Einsatzes fand.

Herr Haffner, sie leisten derzeit als temporärer Mitarbeiter einen Einsatz bei den städtischen Pflegezentren – wie kam’s dazu?

Samuel Haffner: Eigentlich wollte ich Ende Februar mein Studium zum Berufsschullehrer aufnehmen. Vor Studienbeginn wäre ich aber noch drei Monate arbeitslos gewesen. Deshalb suchte ich mir einen Job – temporär etwas.

Also helfende Hand auf der COVID-Abteilung?

Genau, ich wusste, dass es mehr Pflegende braucht. Meine Familie und Freunde meinten, ich solle es doch versuchen. Einfach bewerben. Durch meinen Zivildienst in einem Behindertenheim bemerkte ich bereits, dass mir das gefällt – die Arbeit und der nahe Kontakt mit Menschen. Obwohl ich sonst aber fachfremd war, versuchte ich es trotzdem und bewarb mich für den Mitarbeitendenpool der städtischen Pflegezentren. «Wir suchen helfende Hände» hiess es im Inserat.

Und nachdem es klappte, wie wurden Sie eingearbeitet?

Ich kam dann ins Pflegezentrum Bachwiesen in Albisrieden. Das war im Dezember. Die Mitarbeitenden vor Ort nahmen mich herzlich auf. Mitarbeitende, die ja fast schon ein Jahr Pandemie hinter sich hatten. Nun stand ich selbst da, mittendrin auf der COVID-Abteilung. Ich bekam dann quasi «on the job» eine Grundausbildung – Bewohnerinnen und Bewohner beim Einnehmen der Mahlzeiten unterstützen, Aufräumen, was eben grad so anfiel.

Hatten Sie keine Angst vor dem Virus?

Um mich selbst hatte ich eigentlich keine Angst, nein. Ich war aber immer vorsichtig, reduzierte auch vor meinen Einsatz bereits meine Kontakte. Ich wollte einfach wirklich keine Gefahr für andere sein, vor allem nicht für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Verständlich. Was war Ihre Motivation für den Einsatz?

Mir war es wichtig, in den drei Monaten etwas Sinnvolles zu leisten. Ich war froh, dass ich in dieser schwierigen Zeit meinen Beitrag leisten konnte. Zuerst wusste ich nicht so recht, ob ich als Ungelernter geeignet bin. Aber die Rückmeldungen waren stets positiv.

Besonders jetzt liegen Freud und Leid nah beieinander – wie gingen Sie damit um?

Das ist noch schwierig in Worte zu fassen. Für mich war das von Anfang an Normalität, der Pflegealltag mit COVID im Nacken. Für meine Kolleginnen und Kollegen war das sicher aufreibender. Schliesslich pflegten Sie schon vor der Pandemie engere Beziehungen zu den Bewohnerinnen und Bewohnern.

Und wie geht es jetzt weiter für Sie?

Irgendwie fand ich hier im Pflegezentrum Bachwiesen genau das, worauf ich auf der Suche war. Ich hatte wertvolle Gespräche und Begegnungen mit Bewohnerinnen und Bewohnern. Jeden Tag realisierte ich etwas mehr, was für interessante Persönlichkeiten unter dem Dach dieses Pflegezentrums leben. Mir gefiel das und ich sagte mir, wieso den Umweg über die Pädagogik machen, wenn ich eigentlich da angekommen bin, wo ich sein möchte.

Das Lehrerstudium haben Sie also vorläufig auf Eis gelegt?

Nein, sogar definitiv. Weil es mir hier wirklich gut gefällt, durfte ich meinen Einsatz bis Ende Juni verlängern. Trotz Pandemie ist die Stimmung im Team gut – man nimmt sich Zeit für mich. Das war mit einer der Gründe, weshalb ich mich vom Lehrerstudium exmatrikulieren liess und noch diesen Sommer mit der dreijährigen Quereinsteiger-Ausbildung zum diplomierten Pflegefachmann an der höheren Fachschule starte.

Gratulation! Und was erhoffen Sie sich von der Zukunft?

Heute bekam ich meine zweite Coronavirus-Impfung. Ich glaube die Impfung ist das einzige wirksame Mittel, um da wieder rauszukommen. Ich traue der Wissenschaft und hoffe, dass bald Besserung in Sicht ist.

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