Memory Clinic Entlisberg – Demenz-Anlaufstelle für Betroffene und ihr Umfeld

Bei Verdacht auf Vorliegen einer Demenz können Betroffene und Angehörige die Memory Clinic Entlisberg aufsuchen – eine anerkannte Fachstelle der städtischen Pflegezentren und des Geriatrischen Dienstes der Stadt Zürich, die Abklärung und Beratung für Menschen mit einer Gedächtnisstörung oder Demenz bietet.

Veränderungen im Alter können viele Gründe haben. Ist es die Stimmung (Altersdepression, die erhöhte Empfindsamkeit im Alter, die Verluste über die Lebensspanne), die auch die Hirnleistung und damit die Selbstständigkeit beeinträchtigen kann? Sind es Veränderungen durch die typischen Risikofaktoren wie Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin oder Infarkte, die die Gefässe im Gehirn langfristig schädigen können und damit die Selbstständigkeit beeinflussen?

Oder ist es eine eigentliche Hirnerkrankung wie Alzheimer oder liegen andere neurodegenerative Erkrankungen vor, die zu Einbussen in der Selbstständigkeit führen? Die genaue Abgrenzung findet in einer Memory Clinic statt.

Fachstellen für Frühdiagnostik und Demenz-Begleitung

Memory Clinics allgemein haben eine lange Tradition. Die WHO beschrieb in den 70ern unter anderem ein Ziel: die Frühdiagnostik und Behandlung psychischer Leiden im Alter für eine bessere Gesundheitsversorgung dieses Bevölkerungsanteils. Das führte ab den 80ern weltweit zu Gründungen interprofessionell arbeitender Zentren, sogenannter Memory Clinics.

In Basel konnte Mitte der 80er-Jahre mit Unterstützung der Industrie eine Memory Clinic gegründet werden. In Zürich schaffte es der damalige Stadtarzt, Dr. Albert Wettstein, der politischen Gemeinde diese Lücke in der Versorgung der älter werdenden Bevölkerung Zürichs aufzuzeigen. So entstand 1991 die Memory Clinic Entlisberg, die seither mit einem interprofessionellen Team in der Frühdiagnostik für diese Bevölkerungsgruppe agiert. Danach folgten weitere Gründungen ähnlicher Angebote in Zürich und der ganzen Schweiz. Der Vorteil eines spezialisierten Angebots für Ältere hatte sich etabliert.

Neben der interprofessionellen Frühdiagnostik durch Medizinerinnen und Mediziner, Neuropsychologie, Neuroradiologie und Laboranalysen, geht es auch um: Was nun, wie weiter nach der Diagnose? Natürlich können Memory Clinics nicht selbst alle wichtigen Professionen aus Bereichen wie Psychotherapie, Sozialpädagogik, Logopädie, Ergo- oder Physiotherapie beschäftigen. Als Spezialisten für Demenzabklärungen wissen sie aber genau um die Folgen einer Diagnose für die Betroffenen und das Umfeld.

Die Sorge ums Leid anderer

Sie kennen es sicher aus dem eigenen Erleben: Wenn jemand in unserem direkten Umfeld krank wird, dann betrifft es uns auch selbst. Wenn die Partnerin oder der Partner erkrankt, dann sorgen wir für alles, was wir als zuträglich erachten fürs «gesund werden».

Wenn die Kinder erkranken, kümmern wir uns ebenfalls: Braucht es einen Arzt? Wäre Thymiantee gut oder reichen ein paar Tage Ruhe? Und wie bekommen wir die Hausaufgaben organisiert?

Wenn wir erleben, dass der Nachbar erkrankt ist, dann erkundigen wir uns, ob wir helfen können. Immer schwingt bei Krankheit oder Leiden eine Sorge durch andere mit, ein Besorgtsein. Was kann zur Genesung beitragen, was braucht es im Moment, was braucht es längerfristig und wer kann das leisten?

Das Umfeld miteinbeziehen

Erst durch einen Bezug (Verantwortungsbeziehung) zu etwas anderem, egal ob lebendig (Mensch/Tier/Pflanze), ob Sache (Klima) oder Gegenstand (Erbstück), ist «Sorge/sorgen» überhaupt erst möglich. Langanhaltende oder stärker werdende Sorge kann auch zum Kummer werden. Das weiss auch die Memory Clinic Entlisberg und bietet neben der Diagnostik immer auch Beratungen für Betroffene und das Umfeld an, um die Sorge nicht zum Kummer werden zu lassen.

Darüber hinaus hat die Memory Clinic Entlisberg von Anfang an fachlich geleitete Angehörigengruppen aufgebaut. Angehörigengruppen bieten monatlich Austausch unter gleichermassen Betroffenen – das verbindet. Jemand hört zu und kennt genau dasselbe – das entlastet sehr. Nur Menschen, die das Gleiche erleben, können die Dimension einer Demenzer-krankung verstehen. Es ist wie beim Eisberg: Nur die oberen 10 % sind für alle sichtbar und der grosse Rest nur für die nächsten Angehörigen spürbar. Das kann sehr frustrierend sein.

Direktbetroffene gesamtheitlich begleiten

Für Demenzerkrankte selbst führt die Memory Clinic Entlisberg multimodale Gedächtnistrainings durch. Und das meint: sozialer Austausch und Support unter Gleichbetroffenen, Bewegung, Strategien für den Alltag und Aufmerksamkeitstrainings – das was zum «guten Älterwerden» allgemein dazugehört.

Doch wie schaffte es die Memory Clinic Entlisberg, sich in den letzten Jahren einen Namen als anerkannte Demenz-Anlaufstelle zu machen? Ein entscheidender Vorteil – sowohl für Betroffene, Angehörige wie auch Mitarbeitende – ist die Zusammenarbeit mit den ambulanten Angeboten der Pflegezentren der Stadt Zürich. Zum Beispiel können Betroffene mit ihren Angehörigen nach einem Beratungsgespräch in der Memory Clinic rasch durch den Garten in das ebenfalls im Pflegezentrum Entlisberg ansässige Tageszentrum gehen. Dort ist tageweise Betreuung älterer Menschen zur Entlastung von Angehörigen möglich. Die Angst vor einem «Abgeschoben werden» wird durch dieses persönliche Erleben und die empathischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleichternd kleiner.

Die Memory Clinic Entlisberg, wie andere vergleichbare Institutionen auch, trägt schon lange zu einer Entstigmatisierung von Demenzen in unserer Gesellschaft bei. Ziel dabei: Ängste nehmen und alle Player zusammenbringen, so dass ein Verbleib im häuslichen Umfeld länger möglich ist. Weil Routinen helfen und es der Wunsch vieler Betroffenen ist, selbstständig zu bleiben.

Weitere Informationen zur Memory Clinic Entlisberg und ihren Angeboten finden Sie hier: stadt-zuerich.ch/memoryclinic-entlisberg

Im Zweiten Teil unseres Porträts über die Memory Clinic Entlisberg lesen Sie, welche Auswirkungen die Pandemie auf die Demenz-Anlaufstelle hatte.

Alle
Praxis

Kommentar Schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert