Kann das Lebensende geplant werden? – ein Rückblick auf das Palliative Care Symposium im Pflegezentrum Mattenhof

Palliative Care und die Planung des Lebensendes sind herausfordernde und gesellschaftlich relevante Themen. Auch sind sie in ihrer Komplexität sehr breit. Mit der Auswahl der Referenten und Vortragsthemen wurde erfolgreich versucht, dem Facettenreichtum der Thematik gerecht zu werden. So wurden unter anderem Fragen zu Patientenverfügung, zur Finanzierung, zur Ethik und zur praktischen Umsetzung in einem Pflegeheim diskutiert.

Am 19.02.15 lud das Pflegezentrum Mattenhof in Kooperation mit palliative zh+sh zum Symposium «Palliative Care: Kann das Lebensende geplant werden?». Die Relevanz des Themas spiegelt sich auch im hohen Interesse an dieser Veranstaltung wider. Etwa 140 Fachpersonen aus verschiedenen Pflegeheimen, Spitälern und Bildungseinrichtungen folgten der Einladung in den Mattenhof, um den Referaten zu folgen und anschliessend zu diskutieren.

Dr. med. Michael Rogenmoser, Heimarzt des «Alterszentrum im Geeren» in Seuzach widmete sich in seinem Vortrag dem Thema «Advance Care Planning (ACP) und der Notfallplan (NOPA ®)». Die Ausgangslage bildete hier die Diskussion über verschiedene Defizite in der Anwendung von Patientenverfügungen. Diese seien noch zu wenig verbreitet, im Bedarfsfall nicht zur Hand oder möglicherweise nicht mehr aktuell. ACP hingegen ist ein laufender Prozess, in welchem die Patientin bzw. der Patient, die Familie und die zuständigen Gesundheitsdienstleister gemeinsam über Überzeugungen und Haltungen betreffend zukünftiger medizinischer Therapien nachdenken und diese im besten Fall dann auch schriftlich dokumentieren. Auch werden diese Diskussionsergebnisse regelmässig auf ihre zukünftige Gültigkeit überprüft und den wichtigsten Vertrauenspersonen zugänglich und somit verfügbar gemacht. Damit soll gewährleistet werden, dass die betroffenen Menschen die medizinische Betreuung bekommen, die sie möchten und welche mit ihren Werten und Überzeugungen übereinstimmt. In diesem Zusammenhang stellte Rogenmoser das Projekt «Notfallplan NOPA®» vor. Gerade bei akut eintretenden Notfällen fehlen den Beteiligten häufig die wichtigen Massnahmenpläne oder Ansprechstellen um adäquate Unterstützung anzufordern. Mit der Umsetzung des Projekts soll erreicht werden, dass bei Urteilsunfähigkeit des Patienten in einem Notfall, den Beteiligten klare und rechtlich verbindende Handlungsanweisungen bezüglich lebenserhaltender Massnahmen zur Verfügung stehen.

Regula Pfenninger, Vizedirektorin der PZZ und Leiterin Dienste und Services, beleuchtete in ihrem Referat den Aspekt der Finanzierung von Palliative Care im Pflegeheim. Einführend informierte sie über die Zusammensetzung der Pflegefinanzierung im Allgemeinen. Sie zeigte auf, wie sich die Leistungsabrechnung in einem Pflegeheim zusammensetzt, und welche Parteien für die einzelnen Kostenblöcke eintreten müssen.

Die reinen Pflegeleistungen – als ein ein grosser Kostenblock – werden durch die Beiträge aus Krankenversicherung und einem Eigenanteil Bewohner/-in gedeckt. Die Restfinanzierung wird dann von der Gemeinde übernommen. Der zweite grosse Finanzierungsblock betrifft die Hotellerie und Betreuung. Zu unterscheiden sind hier zum einen die Hotellerietaxe, also Leistungen für Unterkunft, Verpflegung, Reinigung und Wäscheservice. Zum anderen die Betreuungstaxe, unter der alle Nicht-KVG-pflichtigen Leistungen wie beispielsweise Unterstützung bei der Alltagsgestaltung, Aktivierung, etc. subsummiert werden. Zusätzlich fallen noch weitere Nebenleistungen an, die mit den individuellen Bedürfnissen oder Konsumationen der Betroffenen zusammenhängen (z.B. Transporte, Telefonkosten, Konsum in der Cafeteria, etc.). Für die Betreuungstaxe werden in den PZZ CHF 45.- pro Tag verrechnet. Pfenninger resümierte, dass damit allein die Kosten einer palliativen Betreuung bei weitem nicht gedeckt werden können. Dies stelle eine grossen Herausforderung für die Zukunft dar.

Klaus Peter Rippe, Professor für Angewandte Philosophie an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und Inhaber der Beratungsfirma «Ethik im Diskurs», referierte über die ethischen Herausforderungen am Lebensende. Zunächst sei dies ein sehr weites Feld, so Rippe. Aber gerade in der Palliative Care bestünde die permanente Gefahr, einer «Verkürzung auf die Fürsorgeebene und diese über die Rechte einer Person zu stellen». Dies vor allem dann, wenn eine Massnahme doch augenscheinlich «gut für die Bewohner/-innen» sei. Jedoch habe jeder Mensch das Recht, als individuelle Person behandelt zu werden. Und somit auch als ein, zu einem reflexiven Selbstbewusstsein fähiges Wesen, das freie, sich auf die eigene Zukunft beziehende Entscheidungen treffen kann und zur Selbstbestimmung fähig ist. Eine Person ist immer auch als jemand zu sehen, der die Verantwortung übernehmen kann und Handlungen zu verantworten hat. Dies impliziert, dass eine Person deshalb grundsätzlich ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht besitzt. Aber wie verhält sich dies bei Menschen mit Demenz? Hier ist stets zu prüfen, ob die Person für bestimmte Fragen urteilsfähig ist.

Im letzten Vortrag des Symposiums richtete Dr. phil. Marcel Maier (Beauftragter für Organisations- und Qualitätsentwicklung in den Pflegezentren Mattenhof, Irchelpark) den Fokus nochmals auf die Praxis und stellte die Ethikorganisation der Pflegezentren Mattenhof und Irchelpark vor. Diese basiert auf dem «Ethikforum» als Entscheidungsorgan, den «Ethik-Cafés» als Weiterbildungsmassnahme und der «Ethik-Interventionsgruppe», welche bei dringenden Fragestellungen einberufen werden kann. Maier erläuterte den Prozessverlauf, beginnend mit einer moralischen Fragestellung, über die ethische Entscheidungsfindung bis hin zur verbindlichen Leitlinie – wobei jeder Schritt transparent und nachvollziehbar dokumentiert wird. Auch richtete er ein starkes Augenmerk auf die Evaluation und präsentierte verschiedene Ergebnisse aus seiner Dissertationsstudie. In dieser Studie wurden insbesondere die Ethik-Cafés hinsichtlich ihrer gesundheitsfördernden Wirkung untersucht: die befragten Studienteilnehmer/-innen berichteten von einer deutlichen Stressreduktion und einer Steigerung des Wohlbefindens. Auch zeigten die Teilnehmer im Vergleich zu einer Kontrollgruppe geringere Erschöpfungswerte und Depressivitätswerte.

In der folgenden Podiumsdiskussion konnten die Zuhörer ihre Fragen an die Referenten richten. Beim abschliessenden Apéro bot sich für die Teilnehmenden die Gelegenheit des Austauschs und der Vernetzung untereinander. Kontakte wurden neu geknüpft oder wieder aufgefrischt.

Die Vortragsfolien, sowie Bildimpressionen können auf der Homepage des Pflegezentrums Mattenhof eingesehen werden.

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