Gesundheit und Lebensqualität im Alter: neues Strategiepapier der WHO

Eine Frage, welche die Gesundheitsversorgung und -forschung immer wieder beschäftigt, ist das Verständnis und die Definition, das Messen und das Fördern von Lebensqualität im hohen Alter. Letzten November hat nun die Weltgesundheitsorganisation WHO ein neues Strategiepapier mit dem Titel „Global Strategy and Action Plan on Ageing and Health“ verabschiedet. Dieses schlägt eine neue Gesundheitsdefinition vor, welche den Begriff der Lebensqualität ins Zentrum rückt.

Eine gute Lebensqualität wird heute als eines der zentralen individuellen Ziele angesehen. Entsprechend zielt eine Vielzahl an psychosozialen Interventionen darauf ab, die Lebensqualität älterer und hochaltriger Menschen zu verbessern – Lebensqualität ist so zu einem Schlüsselkonzept für die Gesundheitsversorgung geworden. Bestehende Lebensqualitätsmodelle unterscheiden sich jedoch wesentlich voneinander und basieren auf inhaltlich sehr verschiedenen Voraussetzungen und Grundannahmen. Lag bisher der Gesundheitsversorgung eher ein reduktionistischer Ansatz zu Grunde, so liegt der Fokus nun auf der Stärkung jener Ressourcen, die für das Wohlbefinden und die eigenständige Lebensführung eines Individuums notwendig und individuell bedeutsam sind. Zwar gilt immer noch, dass gute Rahmenbedingungen als Grundvoraussetzung für eine zufriedenstellende Lebensqualität gelten, doch diese reichen nicht aus, dass sich Lebensqualität von selbst einstellt.

Lebensqualität als dynamischer Prozess

Lebensqualität wird nun von der WHO als dynamischer, vom Individuum mitgesteuerter Prozess verstanden. Anstelle einer meist kontextfreien Untersuchung einzelner krankheitsdefinierender Symptome wird der Blick nun auf die individualisierte Erhaltung von Lebensqualität im Alltag gerichtet. Massgebend für das individuelle Erleben ist dabei die persönliche Bewertung, sind die Vorlieben und Bedürfnisse in der eigenen Lebenssituation. Menschen stehen nach dem neuen Verständnis der WHO unzählige mögliche Wege zur Verfügung, um eine gute Lebensqualität zu erreichen. Diese sind von den Fähigkeiten, den Fertigkeiten, den Aktivitäten, der biologischen Ausstattung, den Umweltbedingungen, aber auch von Beeinträchtigungen abhängig.

Für gesunde und kranke Menschen

Die Konzeption, aber auch die Messung von Lebensqualität erfordert somit ein empirisch prüfbares Verständnis der Wechselwirkungen von Eigenschaften, Ressourcen, Beeinträchtigungen und Handlungsentscheiden einzelner Personen. Ein solches dynamisches und personenbezogenes Lebensqualitätskonzept bietet eine tragfähige Grundlage für die Gesundheitsförderung, die Krankheitsprävention und den Lebensqualitätserhalt bei gesunden und erkrankten Personen.

Damit wird Gesundheit in wissenschaftlicher Hinsicht vermehrt ein Thema nicht nur der Medizin und der Pflege, sondern auch der Verhaltens-, Sozial- und Geisteswissenschaften. In der Schweiz hat die Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) den Ball ebenfalls aufgegriffen und führt 2016 eine Workshopreihe zur Definition, Messung und Förderung von Lebensqualität durch.

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