Als ich 1983 als Oberarzt des USZ gewählt wurde als Chefarzt des Stadtärztlichen Dienstes, wusste ich zwar einiges über Neurologie und Demenz, hatte aber kaum gerontologisches Wissen oder Erfahrungen. Zu meinem Glück führte mich meine – leider jüngst verstorbene – Kollegin Dr. Ruth Kaufmann in die Gerontologie ein, praktisch im Alltag am Patientenbett auf Visiten und Fachbesprechungen. Besonders wichtig war aber zusätzlich, dass sie mir empfahl, mich aktiv an der schweizerischen Gesellschaft für Gerontologie (SGG) zu beteiligen und mich an deren Veranstaltungen über die Standards der wissenschaftlichen Gerontologie weiter zu bilden. Seiher habe ich, wenn immer möglich, an den Weiterbildungs-Veranstaltungen der SGG teilgenommen. Auch unter ihrem neuen Namen GERONTOLOGIE CH führt sie regelmässig Fortbildungsveranstaltungen insbesondere einen jährlichen wissenschaftlichen Fachkongress durch und gibt für alle Mitglieder 4x jährlich die Fachzeitschrift «GERONTOLOGIE CH: Praxis und Forschung» heraus, in der neue Erkenntnisse allgemein verständlich vermittelt werden. Dabei habe ich immer mehr schätzen gelernt, dass alle in der Altersarbeit Tätige von den gerontologischen Erkenntnissen im Alltag profitieren können.
Gerontologisches Fachwissen zur Vermeidung von Fehlentscheiden
Lernen aus den eigenen und den Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen ist zwar gut, aber ohne interdisziplinäres solides gerontologisches Wissen in allen seinen Facetten, von der Pflegewissenschaft, der Sozialarbeit, der Physiotherapie, Alterspsychologie, und Betriebswirtschaft von Alterseinrichtungen und Geriatrie, besteht die Gefahr, nicht primär im Interesse der alten Menschen zu entscheiden und zu handeln.
Ein drastisches sehr aktuelles Beispiel für Fehlentscheide, die durch Spezialisten und Politiker ohne gerontologisches Grundwissen gefällt wurden, ist das Management der Besuche in Altersinstitutionen in der ersten COVID19 Welle im Jahr 2020. Erst als die Altersfachpersonen und Altersverbände vehement gegen die absoluten Besuchsverbote protestiert haben, wurden diese in den folgenden Covid19-Wellen aufgegeben und es konnten für alle passable Lösungen gefunden werden.
Deshalb gilt mein dringender Appell: Jede in der Altersarbeit tätige Fachperson soll sich regelmässig gerontologisch fortbilden, was am einfachsten mit einer Mitgliedschaft bei Gerontologie CH und dem regelmässigen Besuchen ihrer Fortbildungsveranstaltungen möglich ist (www.gerontologie.ch/de).
Kommentar
Danke für den wertvollen Blog. Die Fachthemen und Inhalte sollten für alle zugänglich sein, auch solchen die keinen digitalen Zugang finden, wie die Bewohnenden unseres Alterszentrums. Aus diesem Grund möchte ich anregen, eine Print-Funktion der einzelnen Inhalte zu gestalten. So hätten wir einfach(er) die Möglichkeit die Texte interessierten Bewohnenden auszudrucken und zugänglich zu machen. Vielen Dank.
Vielen Dank für den wertvollen Input.
Wir klären die Möglichkeiten ab und berücksichtigen dies für ein kommendes Systemupdate.