Forschung zu «Wohnen im Alter» – Systematische Datenbank

Wie sieht eigentlich die Forschung zum Thema „Wohnen im Alter“ aus? Diese Frage bekommen Fachpersonen in der Gerontologie oft gestellt. Die Antwort auf diese Frage ist vielfältig und das Thema ist sehr heterogen. Eine weitere Frage ist dann auch oft, ob es bestehende Datensätze zum Thema gibt, die für eine Sekundäranalyse genutzt werden können. Um beide Fragen besser beantworten zu können, wurde seit 2011 eine systematische Datenbank angelegt. Diese wird hier vorgestellt.

Ausgangslage

Ob in Forschung, Stadtplanung, Wohnungspolitik oder kommunaler Alterspolitik – Wohnen im Alter ist heute in vielen Disziplinen ein präsentes Thema. Für viele ältere Menschen ist der eigene Wohnraum ein wichtiger Lebensmittelpunkt und ein Refugium mit hoher sozialer wie emotionaler Bedeutung für die subjektive Lebensqualität im Alter. Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Wohnen im Alter“ ist vielfältig und hält eine grosse Breitbreite an verschiedenen Unterthemen bereit. In der Erforschung und Datenerfassung zum Thema fehlt es aber an einem gemeinsamen Ansatz und insbesondere an einer systematischen Dokumentation der bisher erhobenen Forschungsdaten. In diesem Kontext eingebettet gab im Jahr 2010 die Age Stiftung dem Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich erstmalig einen Rechercheauftrag, der die systematische Erfassung der Datenlage zum Thema „Wohnen im Alter“ sowie die Bewertung und Beschreibung von Forschungs- bzw. Dokumentationslücken zum Ziel hatte. Diese Übersicht soll Forschenden wie auch Fachleuten aus der Praxis zugänglich gemacht werden, zum einen, um bestehende Daten sekundär auswerten zu können, zum anderem, um forschende Personen auf die bestehenden Lücken hinzuweisen und um aufzuzeigen, wo noch Forschungsbedarf besteht.

Im Februar 2011 konnte der erste grundlegende Recherche- und Systematisierungsauftrag beendet werden und in einen Gesamtbericht fliessen (siehe Webseite am ZfG). Ergänzt wurde der schriftliche Bericht mit einer elektronischen Datenbank, in der bei der ersten Erfassung im Jahr 2011 insgesamt 22 Datensätze systematisch erfasst werden konnten. Um die Systematisierung auf den aktuellen Stand zu halten und eine weiterführende Beobachtung der Datenlandschaft aufrechtzuhalten, vereinbarte die Age Stiftung mit dem Zentrum für Gerontologie eine Fortführung der Dokumentierung. Im jährlichen Rhythmus wird seit dem zum Stichzeitpunkt März einerseits die aktualisierte Datenbank, anderseits ein Kurzbericht zu den Änderungen erstellt. Der aktuellste Bericht entspricht der fünften Aktualisierungswelle (Update Februar 2016); hier wurde der vollständige Bericht überarbeitet und ergänzt.

Methode

Zur Gewinnung eines Überblicks wird jährlich eine konsistente Systematisierung der vorhandenen Daten in der Schweiz erstellt und in einer elektronischen Datenbank erfasst. Die jeweiligen Berichte sowie die Datenbank sind frei zugänglich und können als Download bezogen werden (Link). Für das methodische Vorgehen wurden folgende vier Phasen konzipiert und durchgeführt:

  1. Erfassung der Daten(lage)
  2. Prüfung der Daten auf erfasste Dimensionen, Status der Datenaufbereitung und Zugänglichkeit
  3. Systematisierung der Daten und
  4. Bewertung der Datenlage und Beschreibung der Datenlücken.

Der Fokus wurde auf systematisch unterhaltene Datensätze (im Idealfall Längsschnittsdaten) seit dem Jahr 2000 begrenzt. Hier spielten insbesondere Registerdaten und nationale regelmässige Erhebungen des Bundesamts für Statistik eine grosse Rolle, daneben bedeutsame Forschungsarbeiten aus der Schweiz, private langjährige Datensammlungen und wichtige europäische Panel-Erhebungen mit Schweizer Beteiligung (siehe Abb. 1).

Bisherige Ergebnisse

Es konnten bei der ersten Recherche im Jahr 2011 22 Projekte bzw. Datenerhebungen verzeichnet und kategorisiert werden. Mit dem aktuellen Update im Februar 2016 konnten nun insgesamt 55 Datensätze in unterschiedlicher Aufbereitung und Zugänglichkeit erfasst werden. Generell konnte festgestellt werden, dass sich spezifische Daten zur Thematik nur vereinzelt finden lassen, noch weniger repräsentative Längsschnittstudien. Im bisherigen Rückblick kann festgestellt werden, dass grössere nationale oder europäische Datenerhebungen auf diesem Gebiet eher selten initiiert werden, hier kommen vielleicht pro 5 Jahre 1–2 Erhebungen hinzu. Jedoch sind es dann Erhebungen, welche die Aspekte „Wohnen“ und „Alter“ nur „beiläufig“ miterfassen und weniger als Hauptthema haben. Zwar kommen jedes Jahr neue Forschungsdaten zum Thema „Wohnen im Alter“ hinzu, jedoch werden die beiden Dimensionen „Wohnen“ und „Alter“ immer noch meist getrennt und/oder räumlich eingegrenzt oder an Praxisinterventionen exemplifiziert erforscht. Es mangelt weiterhin an umfassenden, repräsentativen und flächendeckenden Längsschnittdaten zum spezifischen Thema. Auf einer untergeordneter Ebene lassen sich zum Hauptthema jedes Jahr ungefähr 5 neue Forschungsstudien finden, welche in die Datenbank aufgenommen werden. Vorwiegend Forschungsstudien und nationale öffentliche Erhebungen machen den Hauptteil der Datenbank aus (siehe Abb. 1). Dies spiegelt aber auch die Forschungslandschaft in der Schweiz wieder und zeigt, dass Sekundäranalysen eher aus kleinräumlichen Forschungsstudien oder Erhebungen des Bundesamtes für Statistik, welche aber das Thema meist nur berühren, machbar wären.

Kategorien: Daten zum Wohnen im Alter

Abb. 1: Verteilung der in der Datenbank berücksichtigten Einträge (Stand 2015; N = 51)

Die Systematisierung zeigte darüber hinaus, das bestimmte inhaltliche wie organisatorische Lücken in der Forschungslandschaft zum Thema „Wohnen im Alter“ vorhanden sind. Die recherchierten Datensätze decken eher „harte“ Faktoren wie z.B. die Wohnungsgrösse oder die monatliche Mietbelastung ab als „weiche“ Faktoren wie die Integration in das Wohnumfeld oder die subjektive Wohnzufriedenheit. Die beiden Dimensionen „Wohnen“ und „Alter“ werden meist getrennt erforscht. Auch werden bei vielen Erhebungen nur Personen in privaten Haushalten berücksichtigt und keine Kollektivhaushalte. Alternative Wohnformen werden vorwiegend nicht differenziert erfasst und aktuelle Themen (z.B. Migration, Multimorbidität, Behinderungen, Multilokalität, soziale/ökonomische Armut, Technologisierung des Alltags) werden nur bedingt eingebettet. Organisatorische Lücken lassen sich dahingehend erkennen, dass z.B. Registerdaten zwar eine gute Abdeckung aufweisen, aber nur begrenzt (aufgrund der Datenschutzbestimmungen) mit anderen Erhebungen zu verknüpfen sind. Regionale und lokale Bevölkerungsbefragungen lassen sich nur schwer miteinander vergleichen und systematisieren. Weitere organisatorische Schwierigkeiten bestehen durch Altersgrenzen in den Erhebungen und durch die Vielzahl an beteiligten Disziplinen und damit einhergehenden unterschiedlichen Ansätzen.

Datenbank

Die mittlerweile 55 Datensätze wurden mit Beschreibung anhand von 71 Merkmalen, u. a. der thematisch wichtigen Items (z.B. Soziodemografie, Angaben zum Wohnraum, Wohnanpassungen, Wohnzufriedenheit, Nachbarschaft, Wohnbiografie, Wohnpolitik) und der Bedingungen zur Datenzugänglichkeit, in der elektronischen Datenbank (Stand-alone-FileMaker Version) erfasst. Der Vorteil einer Datenbank liegt in der Such- und Filterfunktion von Einzelinformationen. Ein weiterer Mehrwert liegt in der Möglichkeit, die Datei weiterhin zu pflegen und mit neueren Datensätzen zu erweitern.

Ausblick

Die Age Stiftung möchte die Datensystematisierung in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Gerontologie fortführen. Für 2016 wurde nicht nur ein jährliches Update erstellt, sondern auch eine erweiterte Version im Sinne eines direkten Vergleichs mit der ersten Systematisierung aus dem Jahre 2011. Es bleibt daher interessant, fortlaufend zu sehen, welche Themen in den letzten Jahren bearbeitet wurden und welche konkreten Datensätze sich für eine Sekundäranalyse anbieten.

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