Informationen und Kommunikationsangebote konzentrieren sich immer mehr auf neue Medien wie das Internet. Seit 1997 ist die mindestens gelegentliche Nutzung des Internets stetig gestiegen. Während die Altersgruppen bis 64 Jahre in diesem Zeitraum einen starken Anstieg aufweisen, blieb die Nutzung in der Altersgruppe ab 65 Jahren zurück. Eine Studie des Zentrums für Gerontologie im Auftrag von Pro Senectute Schweiz gibt Aufschluss über Hintergründe und aktuelle Entwicklungen.
Vor dem Hintergrund der geringeren Internetnutzung älterer Menschen und mit dem Interesse, mehr über Gründe, Hindernisse und Chancen zu erfahren, initiierte Pro Senectute Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Bund 2009 erstmals eine repräsentative Befragungsstudie in der Schweiz. Fünf Jahre später stellen sich zum Teil neue Fragen zum Thema. 2014 gab Pro Senectute Schweiz eine Fortsetzungsstudie in Auftrag, um etwas über die Entwicklung der allgemeinen, insbesondere aber auch der mobilen Internetnutzung und deren Potenziale für ältere Menschen zu erfahren.
Repräsentative Befragungsstudie der Bevölkerung ab 65 Jahren
Mittels einer repräsentativen telefonischen und postalischen Erhebung in der gesamten Schweiz (alle Sprachregionen) wurden bei insgesamt 1037 älteren Personen ab 65 Jahren Informationen zur Person, zu ihrer allgemeinen Techniknutzung und -einstellung, ihrem Internetnutzungsverhalten und ihren Einstellungen zum Internet erhoben. Es konnten sowohl Personen befragt werden, die das Internet nutzen, als auch Personen, welche das Internet nicht selber nutzen.
Die Befragungsstudie konnte das in der Schweiz wissenschaftlich immer noch recht wenig beleuchtete Thema der Internetnutzung im Alter mit wichtigen repräsentativen Daten bereichern. Der direkte Vergleich mit der 2009 durchgeführten ersten Befragung zu diesem Thema zeigt auf, dass sich die Internetnutzung in den letzten 5 Jahren auch bei der Bevölkerungsgruppe der 65-Jährigen und Älteren weiter verbreitet hat. Waren es 2009 noch 38 %, sind es nun 56 % der befragten Personen, die angaben, das Internet zu nutzen (die «Onliner»). Dennoch ist auch weiterhin eine «digitale Spaltung» zwischen der Generation der unter und der über 65-Jährigen festzustellen. Diese Nutzungsunterschiede zeigen sich auch innerhalb der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren; so nutzen Personen ab 80 Jahren das Internet deutlich seltener als Personen im Alter zwischen 65 und 75 Jahren (siehe Abbildung).
Onliner und Offliner
Die Gruppen der «Onliner» wie der «Offliner» sind beide sehr heterogen. Es gibt die intensiven InternetnutzerInnen, die GelegenheitsnutzerInnen und die Gruppe der Selten-NutzerInnen, welche noch zwischen «On-» und «Off-Leben» schwanken. Unter den Offlinern gibt es auch drei Untergruppen: Die Nutzungsplaner, die Ambivalenten und die Ablehnenden; jede Untergruppe hat ihre spezifischen Merkmale. Die besonderen Merkmale von Onlinern und Offlinern haben sich seit der letzten Befragung vor fünf Jahren nicht wesentlich geändert: Die Internetnutzung hängt statistisch zwar mit soziodemografischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen) zusammen, entscheidend sind aber personenbezogene individuelle Faktoren wie «Nutzenerwartung», «Leichtigkeit der Nutzung» und «Einstellung zum Internet».
Die Onliner nutzen und die Offliner interessieren sich für ähnliche Anwendungen im Internet. Bevorzugt werden allgemeine Funktionen wie Email schreiben, Informationen suchen oder Fahrpläne heraussuchen. Weniger genutzt bzw. interessant sind spezifische Anwendungen wie Multimediainhalte, soziale Netzwerke oder der Verkauf von Waren. Von Onlinern sind folgende aktuelle Schwierigkeiten bei der Nutzung des Internets besonders häufig genannt worden: Sicherheitsbedenken (56 %), Angst vor technischen Problemen (24 %) und geringe Glaubwürdigkeit der Informationen im Internet (23 %). Die Struktur der Gründe, die Offliner für die Nichtnutzung angeben, ähnelt den aktuellen und früheren Schwierigkeiten der Onliner. Am häufigsten geben die Offliner folgende Gründe für die Nichtnutzung des Internets an: Kompliziertheit der Benutzung (70 %), Sicherheitsbedenken (64 %) und zu hoher Aufwand beim Erlernen (63 %).
Nutzen des Internets im Alltag
Die Befragungsstudie konnte auch zeigen, dass das Internet für einige der Onliner ein wichtiges Mittel der Alltagsbewältigung ist. Sie sehen das Internet als Ressource, um länger selbständig im Alter zu leben. Darüberhinaus gibt das Internet den Personen auch mehr Einfluss auf ihr Leben und mehr Freiheit und Sicherheit in der Lebensgestaltung. Dass das Internet aber auch soziale Folgen hat, kann daran gezeigt werden, dass sowohl ein Teil der Onliner als auch der Offliner sich aus der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen bzw. fühlen würden, wenn sie das Internet nicht mehr nutzen könnten bzw. weil sie das Internet nicht nutzen.
Mobiles Internet
Innerhalb der aktuellen Befragungsstudie konnte erstmals auch die Nutzung von Smartphones und Tablet-Computern und damit die Verwendung des mobilen Internets erforscht werden. Es zeigt sich, dass etwa ein Drittel der befragten Personen ein solches mobiles Gerät besitzt und dieses auch häufig verwendet, auch um damit unterwegs ins Internet zu gehen. Bereits 32 % der befragten Personen ab 65 Jahren verfügen über ein internetfähiges Smartphone und 26 % über einen Tablet-Computer in ihrem Haushalt. Die Personen, welche das mobile Internet nutzen, gehören hauptsächlich der Gruppe der «Intensivnutzer» an; dies bedeutet, sie nutzen nicht nur den klassischen Computer fast täglich, sondern auch die mobilen Endgeräte, um damit ins Internet zu gehen. Interessant wird daher die zukünftige Beobachtung, ob sich die Nutzungszahlen hier anpassen und in fünf Jahren die Mehrheit der Personen ab 65 Jahren auch das mobile Internet nutzen wird. Die Parallelen zu den Entwicklungslinien des allgemeinen Internets sind deutlich. Vielleicht ersetzen die mobilen Touch-Screen-Geräte bald auch vermehrt die herkömmlichen eher stationären Geräte (Desktop-Computer und Notebooks).
Ausschluss vermeiden!
Als wichtige Ressource für den Einstieg in eine eigene Internetnutzung zeigt sich die Unterstützung und Ermunterung im sozialen Umfeld. Grundsätzlich sollte aber festgehalten werden, dass die gewollte Nichtnutzung des Internets durch ältere Personengruppen akzeptiert werden sollte; es ist zu vermeiden, dass diese Personen aus der Gesellschaft (und von Informationen) ausgeschlossen werden. Die Zivilgesellschaft sollte für die Schwierigkeiten des Erlernens des Umgangs mit dem Computer und mit dem Internet für ältere Menschen sensibilisiert sein, damit die Offliner nicht als «Randgruppe der Gesellschaft» aus dem Alltag ausgeschlossen werden.
Weitere Informationen und Publikation
Informationen über die Studie «Digitale Senioren. Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) durch Menschen ab 65 Jahren in der Schweiz im Jahr 2015» und Download (als PDF):