In öffentlichen Diskussionen zu Altersfragen werden primär die demographischen Veränderungen – die Zunahme in Zahl und Anteil älterer Menschen – ins Zentrum gerückt. Demographische Prozesse sind jedoch immer nur in Wechselwirkung mit sozialen und wirtschaftlichen Prozessen bedeutsam, und ein häufig gemachter Grundfehler in vielen Diskussionen ist eine isolierte Betrachtung demographischer Entwicklungen ohne Berücksichtigung der gleichzeitig ablaufenden gesellschaftlichen Veränderungen. Gerade bei Altersfragen verbinden sich Prozesse demographischer Alterung mit Prozessen gesellschaftlichen Wandels in komplexer Weise.
Demographische Alterung
Erstens kommt es zu einer deutlichen demographischen Alterung der Bevölkerung, wobei zusätzlich zu niedrigen Geburtenraten auch eine erhöhte Lebenserwartung von Bedeutung ist. Seit den 1970er Jahren wird die demographische Alterung durch einen Alterungsprozess von oben her verstärkt, ausgelöst durch einen markanten – und lange Zeit unterschätzten – Anstieg der Lebenserwartung der älteren Bevölkerung. In diesem Rahmen steigen namentlich Zahl und Anteil hochaltriger Frauen und Männer rasch an.
Generationenwandel: Die Babyboomer werden alt
Zweitens erreichen neue Generationen, die sogenannten ‚Baby-Boom’-Generationen, ein höheres Lebensalter. Es sind Generationen, die andere Bildungs-, Lebens- und Freizeitinteressen aufweisen als frühere Generationen, was sich auf ihre Lebensbedürfnisse auswirkt. Als ‚Babyboomer werden die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsjahre bezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg und in den Aufbaujahren der Nachkriegszeit kam es in den USA und Westeuropa zu einem Anstieg der Geburtenhäufigkeit (Baby-Boom). Die Tatsache, dass die geburtenstarke Babyboom-Generation selber weniger Kinder zur Welt brachten, ist ein wichtiger Auslöser für eine verstärkte demographische Alterung.
Kulturwandel des Alterns
Drittens – mit dem Älterwerden der Baby-Boom-Generationen verbunden – setzen sich neue Modelle und Formen des Alterns durch. Dies zeigt sich etwa darin, dass vermehrt kompetenzorientierte Modelle des Alterns betont werden. Entsprechend wird die zweite Lebenshälfte (50+) aktiver gestaltet als dies früher der Fall war. Gleichzeitig zeigt sich auch eine Tendenz, das ‚Alt sein’ später anzusetzen oder gar zu bekämpfen, etwa im Rahmen von ‚Anti-Aging’-Bestrebungen.
Folge: Neue Dynamik des Alter(n)s
Alle drei Wandlungsprozesse beeinflussen sich gegenseitig und neben den quantitativ demographischen Veränderungen sind deshalb auch die Prozesse des Generationenwandels sowie neue Modelle des Alterns zu berücksichtigen, um zu verstehen, wie sich Lebensformen und Bedürfnisse in der zweiten Lebenshälfte (50+) entwickeln. Vor allem die Kombination des Alterns sozial und kulturell mobiler Generationen mit neuen Modellen aktiven und kompetenzorientierten Alterns führt zu einer verstärkten Dynamik der späteren Lebensphase, die historisch neu ist. Der deutliche – und lange Zeit unterschätzte – Generationenwandel des Alters hat zwei bedeutsame Konsequenzen. Erstens sagen Feststellungen, die über heutige ältere Menschen gemacht werden, wenig über die zukünftige Gestaltung des Alters aus. Entsprechend sind lineare Zukunftsszenarien zum Alter sozialplanerisch wenig sinnvoll. Zweitens wissen jüngere Generationen, dass sie in mancherlei Hinsicht anders alt werden (müssen) als ihre Elterngeneration. Umgekehrt erleben ältere Generationen, dass ihre Erfahrungen für nachkommende Generationen nicht mehr bestimmend sein können.