Assistierter Suizid in den Pflegezentren der Stadt Zürich (PZZ) – Die Begleitung der Mitarbeitenden durch die Care-Organisation PZZ

In der Stadt Zürich bestehen seit 2001 offizielle Regelungen, welche den selbstbestimmten Entscheid einer Bewohnerin bzw. eines Bewohner’s mit Hilfe einer Sterbehilfeorganisation sterben zu wollen grundsätzlich akzeptiert. Diese gelten für alle Institutionen des Gesundheits- und Umweltdepartment (GUD), mit Ausnahme der Stadtspitäler, unter der Voraussetzung, dass die betreffende Person kein eigenes Zuhause mehr hat. Um die Mitarbeitenden mit den Konsequenzen dieser Regelung nicht alleine zu lassen, wurde die Care-Organisation PZZ aufgebaut.

«Jeden Tag arbeiten in den zehn Pflegezentren der Stadt Zürich hunderte von Mitarbeiter/-innen für das Wohl unserer Bewohner/-innen und bewältigen dabei anspruchsvolle und fordernde Aufgaben. Auch in unserem Arbeitsalltag kann es aussergewöhnliche Situationen geben, die uns stark belasten, sodass wir an unsere persönlichen Grenzen stossen.»

Dies sind die einleitenden Worte der Broschüre, die die Mitarbeitenden der PZZ über die Unterstützung in Krisen durch das Care Team informiert. Die Mitglieder der Care Teams (Peers) setzen sich aus Mitarbeitenden verschiedener Bereiche zusammen. Betriebspsychologinnen und Seelsorger/-innen gehören in der Regel dazu. Jedes Pflegezentrum verfügt über eine Anzahl an Peers (Englisch = Freund, Vertrauter). Die Peers werden von den Betriebsleitungen bestimmt und verfügen über die notwendige Akzeptanz und das Vertrauen bei den Mitarbeiter/-innen, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Die Gesamtheit aller Peers bildet die Care-Organisation PZZ. Die Mitglieder der Care-Organisation PZZ besuchen eine externe Weiterbildung und werden damit für ihre Aufgabe gezielt geschult.

Betreuung und Verarbeitung

Welche Rolle spielen nun die Peers bei einem assistierten Suizid? Die Betreuung der Mitarbeitenden ist in diesem Fall die Regel und startet im Vorfeld. Eine Abteilungsleiterin berichtet Folgendes: «Wir hatten ein Briefing mit der Seelsorge und den Peers drei Tage vor dem ausgemachten Termin. Das Briefing war für die Mitarbeitenden freiwillig, und alle waren dabei!» Für die Abteilungsleitung war dies ein deutliches Zeichen, dass die Möglichkeit der persönlichen Auseinandersetzung ein wichtiges Angebot darstellte.

Die Unterschiedlichkeit von Alter und Kultur zeigte sich in den Fragestellungen. Einige Mitarbeitende hatten religiöse Bedenken, Jüngere verstanden den Entscheid nicht, da die betroffene Person kognitiv aktiv, teilweise auch fröhlich war. Wichtig war jedoch für alle, dass der Wunsch nach Sterben der Wille der Bewohnerin / des Bewohners war. Den Mitarbeitenden konnte so das schlechte Gewissen genommen werden. Jede und jeder wählte für sich, ob sie oder er am Tag oder zur Zeit des begleiteten Suizids arbeiten wollte, unabhängig von Alter und Erfahrung. «Auch ich als Abteilungsleitung nutzte die Möglichkeit, zum Zeitpunkt des assistierten Suizides nicht am Arbeitsplatz zu sein.» – «Diese Entscheidung für sich zu treffen ist ganz wichtig!», bestätigen zwei Mitglieder der Care-Organisation. Jede und jeder Mitarbeitende, unabhängig von Erfahrung und Funktion, muss sich schützen dürfen. Nutzt eine Abteilungsleitung für sich diese Möglichkeit, hat sie damit auch eine Vorbildwirkung.

Persönlichen Umgang mit der Situation finden

Aus ihrer Erfahrung weisen die Mitglieder der Care-Organisation auf weitere Fragen hin, die sich Mitarbeitende oft im Vorfeld des Assistierten Suizids stellen. Solche Fragen sind: Wie möchte ich mich verabschieden? Wie begegne ich der Bewohnerin oder dem Bewohner in den letzten Tagen? «Die Fragen sind so unterschiedlich wie die Teams und Mitarbeitenden», betont ein Peer. Unterstützend in einer solchen Situation ist der Austausch, die Möglichkeit zu reflektieren und damit einen persönlichen Umgang mit der Situation zu finden. Wie die Erfahrung jedoch zeigt, sieht in der konkreten Situation oft alles wieder anders aus als in der Vorbereitung. Darum ist die Präsenz von Mitgliedern der Care-Organisation während des assistierten Suizides ausserordentlich wichtig.

Während sich Mitarbeitende beim assistierten Suizid darauf vorbereiten können, wird die Abteilung bei einem Suizid völlig unvorbereitet mit der Situation konfrontiert. «Die Betreuung durch das Care Team ist in dieser Situation besonders wichtig», erzählt eine Abteilungsleiterin, die diese Situation erlebt und die verstorbene Person gefunden hatte. «Auch ich war zuerst in einem Schockzustand.» Die Lernenden waren an diesem Tag nicht mehr arbeitsfähig, wurden aber den ganzen Tag über betreut. Die Schuldgefühle waren noch viel stärker als beim assistierten Suizid, aber man fragte sich eher, wie hätte man den Suizid verhindern können. Eine Mitarbeitende blieb noch lange in Kontakt mit ihrem Peer.

Wie in den Pflegezentren üblich, wurden in beiden Suizidsituationen die Teams mit Gruppen- und/oder Einzelgesprächen so lange vom Care Team begleitet, bis die Teams sich für den Abschluss des Prozesses entschieden. «Die gemachten Erfahrungen wurden, auch dank der Unterstützung der Care-Organisation, vom Team der Abteilung gut gemeistert und konnten gut abgeschlossen werden», so die Schlussworte der Abteilungsleiterin.

Weitere Artikel zum Thema «Assistierten Suizid» finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Intercura http://pzz.intranet.stzh.ch/news/Seiten/Intercura-November-2014.aspx .

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