Der Wunsch nach Internetzugang in Alterseinrichtungen

Die Internetnutzung ist allgegenwärtig, jedoch ist es in Altersinstitutionen wie einem Alterszentrum noch nicht selbstverständlich, dass es einen Internetanschluss für die Bewohnerinnen und Bewohner gibt. Der vorliegende Beitrag bespricht die Ergebnisse einer aktuellen Befragung unter Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Senioren-Universität Zürich sowie zweier Befragungsstudien bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Altersinstitutionen. Die Ergebnisse zeigen auf, dass das Internet auch in Alterseinrichtungen nachgefragt wird und die Internetnutzung nun auch in den Altersinstitutionen angekommen ist.

Wir leben in einer digitalisierten Welt

In unserer digitalisierten Welt ist für viele Menschen das Surfen im Internet selbstverständlich. Eine Ausnahme bilden jedoch ältere Menschen, bedingt durch fehlende Berührungspunkte mit dem Internet beziehungsweise fehlende funktionelle, kognitive oder soziale Ressourcen zur Nutzung dieser Technologien (Seifert & Schelling, 2016). Speziell davon betroffen sind Bewohnerinnen und Bewohner von Altersinstitutionen, da der Zugang und die Nutzung von Technologien auch von den Rahmenbedingungen der jeweiligen Einrichtung abhängen und oftmals kein Internetzugang zur Verfügung steht (Moyle et al., 2018). Zunehmend steigt jedoch das Interesse älterer Menschen an und die Nachfrage nach einem Zugang zur digitalisierten Welt, auch bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Altersinstitutionen.

Der Wunsch nach einem Internetanschluss in einer Alterseinrichtung

Um der Frage nachgehen zu können, wie hoch der Wunsch nach einem Internetanschluss ist, wenn einmal der Einzug in eine Alterssiedlung oder stationäre Altersinstitution (z.B. Alterszentrum, Altersheim) ansteht, wurde eine entsprechende Frage („Wäre es Ihnen wichtig, dass eine Alterssiedlung oder stationäre Alterseinrichtung einen kostenlosen Internetzugang (z.B. über das WLAN) für Sie bereitstellt, wenn Sie einmal dort einziehen würden?“) innerhalb einer aktuellen Befragung gestellt. Die Befragung (Seifert, 2019) erfolgte als standardisierte postalische Befragung, kombiniert mit einer optionalen Onlinebefragung bei Teilnehmenden der Senioren-Universität Zürich (Schweiz). Die Stichprobe bildeten 811 Personen im Alter zwischen 56 und 96 Jahren.

Die oben angesprochene Frage wurde von einer deutlichen Mehrheit (genauer 95,4%) mit „ja“ beantwortet, nur 4,6% gaben hier „nein“ an. Somit ist der Wunsch nach einem Internetanschluss, zumindest in der Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Seniorenuniversität, sehr hoch. Aus diesem Wunsch kann auch ein Bedürfnis nach einer ausgebauten Infrastruktur hinsichtlich der Internetanbindung in den Alterseinrichtungen abgelesen werden, welchem entsprochen werden sollte. Zusätzlich impliziert die Frage auch den Wunsch nach einer kostenlosen Nutzung dieses Angebotes, ähnlich wie es in vielen Hotels bereits der Fall ist.

Von den Personen, die angaben, dass es ihnen wichtig sei, dass ein Internetanschluss vorhanden und kostenlos nutzbar sei, sind fast alle Personen, die heute bereits das Internet nutzen; dennoch bejahen auch 10 Personen diese Frage, obwohl sie das Internet (noch) nicht bzw. nur sehr selten nutzen.

Die Internetnutzung in Zürcher Altersinstitutionen

Während die Internetnutzung bei älteren Menschen in Privathaushalten eingehend erforscht ist, existieren bisher keine Studien, die sich mit der Internetnutzung älterer Menschen in Altersinstitutionen beschäftigen. Obwohl vermutet wurde, dass die teilweise hochaltrigen Bewohnenden schon allein aufgrund gesundheitlicher oder funktioneller Einschränkungen weniger mit Technologien wie Computer oder Smartphone in Berührung kommen, steigt die Nachfrage nach der Nutzung zunehmend. Führungspersonen in Altersinstitutionen werden häufig von neu eintretenden Bewohnenden um einen Internetanschluss gebeten. Es zeigt sich ein zunehmendes Bedürfnis nach entsprechender technischer Infrastruktur, unter anderem auch deshalb, weil immer mehr Bewohnende mit Interneterfahrung in Altersinstitutionen nachrücken werden.

Erste Erkenntnisse zur Internetnutzung in Altersinstitutionen wurden Ende 2016 in Zürich anhand von zwei Umfragen gewonnen (Seifert, Doh & Wahl, 2017; Seifert, 2017). Fast 2000 Bewohnende wurden zu ihrer Internetnutzung befragt: 730 Bewohner/innen aus 18 Häusern der Interessengemeinschaft gemeinnütziger Altersinstitutionen der Stadt Zürich (IGA Zürich) und 1.212 Bewohner/innen aus den städtischen Alterszentren der Stadt Zürich (ASZ).

Von den befragten Bewohnerinnen und Bewohnern gaben insgesamt 15 % eine Nutzung des Internets an. Dabei korrelierte die Verteilung der Internetnutzung stark mit dem Alter: So nutzten Personen jünger als 80 Jahre häufiger das Internet als die über 80-Jährigen. Insgesamt gingen 43 % der Befragten täglich ins Internet, 31 % nutzten es wöchentlich und die verbleibenden Befragten nutzten das Internet selten. Im Vergleich zur älteren Gesamtbevölkerung sind das durchaus hohe Werte, besonders unter Berücksichtigung gesundheitlicher Einschränkungen und infrastruktureller Rahmenbedingungen der stationären Wohnsituation.

Nun stellte sich die Frage, wie sich die Bewohnenden, die das Internet nutzen, von den Nichtbenutzenden unterscheiden. Es zeigte sich, dass Alter, Geschlecht, Pflegestufe und subjektive Selbstständigkeit die Internetnutzung beeinflussen. So nutzen vor allem jüngere männliche Bewohnende mit geringer Pflegestufe und mit subjektiv wahrgenommener guter Selbstständigkeit das Internet. Dabei kann der Zusammenhang zwischen Internetnutzung und wahrgenommenen Selbstständigkeit auch anders interpretiert werden: So geben mehr Internet-Nutzende als Nicht-Internet-Nutzende an, sich selbstständig zu fühlen. Daraus lässt sich die Annahme ableiten, dass die Internetnutzung das Gefühl von Selbstständigkeit verstärken kann, da über das Internet z. B. Informationen, Unterhaltungsangebote oder Dienstleistungen auch ausserhalb der Institution abgerufen werden können.

Schlussbemerkungen

Das Internet ist also in den Altersinstitutionen angekommen. Die Ergebnisse geben einen ersten Einblick in dieses noch wenig beleuchtete Forschungsfeld. Die Studien zeigen, dass der Eintritt in eine Altersinstitution keine Limitation der aktiven Internetnutzung darstellen muss. Besonders interessant ist der Zusammenhang der Internetnutzung mit der subjektiven Selbstständigkeit. Dieser Aspekt sollte weiter erforscht werden, denn das genauere Verständnis dieses Zusammenhangs ist von Interesse, damit Pflege- und Betreuungspersonen ältere Menschen in ihrer Selbstständigkeit fördern und unterstützen können. Weiter denkbar ist die positive Auswirkung anderer Technologien auf die subjektive Selbstständigkeit von Bewohnerinnen und Bewohnern. Diese gilt es zu identifizieren und ihre Nutzungsmöglichkeiten kritisch zu untersuchen.

Für Altersinstitutionen bedeuten die Ergebnisse, dass es sinnvoll ist, die wachsende Nachfrage nach Internetzugängen zu befriedigen und die notwendige technische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sind informelle und formelle Schulungsangebote wünschenswert, damit mehr Bewohnerinnen und Bewohner vom Zugang zur digitalen Welt profitieren können. Zudem sollte auch diskutiert werden, welchen Stellenwert digitalisierte Technologien im Betreuungs- und Pflegealltag generell einnehmen können und sollten, welche Chancen und Gefahren der Digitalisierung damit verbunden sind sowie welcher Mehrwert mit welchen Massnahmen durch solche Technologien generiert werden kann. Dies sind spannende Themen, die nicht nur die Forschung, sondern auch die Praxis in den nächsten Jahren stärker beschäftigen werden.

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Kommentar

[…] Erfragt wurde auch, ob die befragten Personen das Internet nutzen. Das Ergebnis: 21 % nutzen es, 79 % nutzen es nicht. Bei diesen Zahlen ist eine Steigerung zu erkennen, wenn man sie mit einer Studie aus dem Jahr 2016 vergleicht, in der erst 14 % der Bewohnenden angegeben hatten, dass sie das Internet nutzten (Seifert, Doh & Wahl, 2017, bzw. dieser frühere Blog-Beitrag). […]

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